Diese Examensarbeit der freien Kunst gründet einen Spannungsbogen zwischen dem Islam als gesellschaftliche Revolution des 7. Jhd. und seiner als heute gesellschaftsfeindlich empfundener reaktionären Ausprägung der wörtlich genommenen Überlieferungen als Dogma. In dem Salaheldin Bakheit erneut die Frage aufwirft, ob sich der Islam auf das "reale Wort Gottes" oder auf dessen interpretationswürdigen Sinn stützen sollte, sucht er keinen Ausweg indem er den Islam überwindet, sondern durch ihn und mit ihm.
Allein mit den Sujets seiner Malerei verletzt er ein scheinbares Tabu des Islam, ohne jedoch seine Herkunft zu verleugnen.
Al-Tauba (Die Buße) Ö1 auf Nessel, 120 x 150 cm
Der Hintergrund dieses Bildes ist rot. Die Verse erscheinen im Hintergrund in dunkelroter arabischer Schrift. In der Bildmitte bzw. im Vordergrund erscheint eine verhungerte Leiche. Hier sollte die Benutzung der koranischen Verse als ein Argument der Kriegsführung, mit den Folgen wie z. B. Hungerkatastrophen im Sudan, symbolisiert werden.
Der Text des Verses im Koran lautet:
(29) Bekämpft diejenigen der Schriftbesitzer, welche nicht an Allah und den Jüngsten Tag glauben und die das nicht verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben, und sich nicht zur wahren Religion bekennen, so lange, bis sie ihren Tribut in Demut entrichten (und sich unterwerfen).7
Al- Tahrim (Das Verbot) Öl auf Nessel, 120 x 150 cm.
Das Bild besteht aus einem grünen Hintergrund, sowie aus brauner arabischer Schrift, die die Verse des koranischen Kapitels "das Verbot" präsentiert. Im Vordergrund sind zwei Figuren, die Mohammed mit Maria "die Koptin" symbolisieren.
Der Text des Verses hier lautet:
(2) O Prophet, warum willst du dir, um das Wohlgefallen deiner Weiber zu erlangen, als Verbot auflassen, was Allah dir erlaubt hat? Allah ist ja versöhnend und barmherzig. (3) Und Allah hat euch ja bereits gestattet, eure Eide zu lösen, und Allah ist ja eure Schutzherr. Er, der Allwissende und Allweise. (4) Als der Prophet irgendeine Begebenheit einer seiner Frauen als Geheimnis vertraute, diese aber dasselbe ausplauderte, wovon Allah ihn in Kenntnis setzte, da hielt er ihr einen Teil ihrer Plauderei vor, und einen Teil verschwieg er, zu ihrer Schonung. Und als er ihr dieses vorhielt, da fragte sie: >>Wer hat dir das mitgeteilt?<< Er antwortete: >>Der alles weiß und kennt, hat es mir angezeigt.<<(5) Wenn ihr beide (Aischa und Hafza) euch wieder zu Allah wenden wollt ... (da euere Herzen abgewichen sind, so ist es gut); verbindet ihr euch aber wider ihn (den Propheten), so sind seiner Schützer: Allah und Gabriel und die Frommen unter den Gläubigen, und auch die Engel werden ihm beistehen. (6) Wenn er sich von euch scheidet, so kann es sehr leicht sein, daß sein Herr ihm zum Tausch andere Frauen gibt, welche besser sind als ihr, nämlich: gottergebene, wahrhaft gläubige, demutsvolle, bereuende, fromme und enthaltsame, die teils schon Männer erkannt haben, teils noch Jungfrauen sind.10
Al-Nisa (Die Weiber) Öl auf Nessel 120 x 150 cm.
Hinrichtung eines 76 jährigen. Öl auf Nessel. 120 x 150 cm. Der Hintergrund des Bildes besteht aus dunkelbrauner sowie dunkelgrüner Farbe. Ausgewählte Verse des koranischen Kapitels "Die Weiber" erscheinen in einer roten arabischen Schrift. In der Bildmitte sind mehrere Frauenfiguren, manche nackt und andere verschleiert, zu erkennen.
Der Text dieser ausgewählten Verse des koranischen Kapitels "Die Weiber" lautet:
(4) Fürchtet ihr, gegen Waisen nicht gerecht sein zu können ...(betet und bessert euch). Überlegt gut und nehmt nur eine, zwei, drei, höchstens vier Ehefrauen. Fürchtet ihr auch so noch, ungerecht zu sein, nehmt nur eine Frau oder lebt mit Sklavinnen (die unter eurer Hand, eurem Rechte stehen), die ihr erwarbt. So werdet ihr leichter nicht vom Rechten abirren.
(16) Wenn eure Frauen sich durch Unzucht vergehen und vier Zeugen aus eurer Mitte bezeugen dies, dann kerkert sie in eurem Hause ein, bis der Tod sie befreit oder Allah ihnen sonst einen Versöhnungsweg weist.
(35) Männer sollen vor Frauen bevorzugt werden (weil sie für diese verantwortlich sind), weil Allah auch die einen vor den anderen mit Vorzügen begabt und auch weil jene diese erhalten. Rechtschaffene Frauen sollen gehorsam, treu und verschwiegen sein, damit auch Allah sie beschütze. Denjenigen Frauen aber, von denen ihr fürchtet, daß sie euch durch ihr Betragen erzürnen, gebt Verweise, enthaltet euch ihrer, sperrt sie in ihre Gemächer und züchtigt sie. Gehorchen sie euch aber, dann sucht keine Gielegenheit, gegen sie zu zürnen; denn Allah ist hoch und erhaben.8
Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stell, ist: ob der koranische Text bzw. seine bisherigen Interpretationen die Frauen befreit oder unterdrückt? Dazu äußerte sich der ägyptische Islamgelehrte und Denker Abu Zaid wie folgt:
"In Bezug auf das Erbrecht für Frauen, ja in Bezug auf die Frauenfrage im allgemeinen ist festzustellen, daß der Islam der Frau zu einer Zeit als sie vom Erbe vollständig ausgeschlossen war, die Hälfte vom Anteil des Mannes zugesprochen hat; in einer gesellschaftlichen Realität, in der die Frau ein Geschöpf ohne eigene Geschäftsfähigkeit, vollkommen abhängig vom Mann, ja fast schon sein Eigentum war: zuerst das des Vaters und dann das des Ehemannes. Es ist vollkommen klar, in welche Richtung die Offenbarung weist, und deshalb darf die Interpretation nicht an den Grenzen der gesellschaftlichen Wirklichkeit stehenbleiben, an die sie sich zuerst gerichtet hat." 9
Auf einem grauen Hintergrund erscheint das koranische Kapitel "Al Kafirun - die Ungläubigen" in arabischer Schrift. Im Vordergrund bzw. in der unteren Bildhälfte ist die Szene einer Hinrichtung im Freien zu erkennen. Das Bild beweist, wie koranische Verse als Instrument zu der Vernichtung von Regimegegnern benutzt werden können. Obwohl der Text der Verse von den Ungläubigen handelt, benutzte man ihn für die Hinrichtung eines andersdenkenden Islamgelehrten, der im Grunde gläubig war. Hier hängt es von der Interpretation des Textes und nicht vom Text selbst ab.
Der Text des koranischen Kapitel "Die Ungläubigen" lautet:
(2) Sprich: >>O Ungläubige, (3) ich verehre nicht das, was ihr verehrt, (4) und ihr verehrt nicht, was ich verehre, (5) und ich werde auch nie das verehren, was ihr verehrt, (6) und ihr wollt nie das verehren, was ich verehre. (7) Ihr habt euere Religion, und ich habe meine.<< 11
Al-Anfal (Die Beute), Öl auf Nessel, 120 x 150 cm.
Das Bild besteht aus einen dunkeln Hintergrund auf dem koranische Verse des Kapitels Al-Anfal in arabischer Schrift in Rot zu erkennen sind. Im Vordergrund bzw. in der unteren Bildmitte sind Menschenleichen zu betrachten. Das Bild symbolisiert die Instrumentalisierung des Koran zur Unterdrückung der Menschen durch die fundamentalistische Bewegung im Islam.
Der Text dieses Verses im Koran lautet:
(13) Ebenso als dein Herr den Engeln offenbarte: >>lch bin mit euch, stärkt daher die Gläubigen, aber in die Herzen der Ungläubigen will ich Furcht bringen; darum haut ihnen die Köpfe ab und haut ihnen alle Enden ihrer Finger ab<<. 6
Trancezustand. Öl auf Nessel, 120 x 150 cm. Die arabische Schrift in der oberen Bildmitte lautet "heiliger Koran".
Der Hintergrund des Bildes besteht aus Ornamenten, die mit hellbrauner Farbe überdeckt sind. Im Vordergrund sind zwei Figuren zu erkennen. Die kleine helle Figur ist von der großen dunkeln umgeben. Die große Figur symbolisiert hier den Engel Gabriel und umgibt die kleine Figur Mohammeds um den Koran zu verkünden.
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